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Vor 10 Jahren: Handballer krönen Wintermärchen mit WM-Titel

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Frankfurt/Main – Wo seine Goldmedaille von der Handball-WM 2007 geblieben ist, weiß Heiner Brand nicht genau. «Ich habe aber auch noch nicht speziell danach gesucht», sagt der Weltmeistertrainer in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur.

An das «Wintermärchen» vor zehn Jahren und den Hype um die deutsche Mannschaft kann sich Brand dagegen noch sehr gut erinnern. «Es herrschte eine enorme Begeisterung, die man gar nicht übersehen konnte. Das war unglaublich für Handball-Verhältnisse.»

Als die DHB-Auswahl am 4. Februar jenes Jahres durch einen 29:24-Sieg im Endspiel gegen Polen zum dritten Mal Weltmeister wurde, fieberten 16,17 Millionen Zuschauer vor den Fernsehgeräten mit. Diese Handball-Rekordquote ist bis heute unübertroffen – auch die Bad Boys konnten sie bei ihrem sensationellen EM-Triumph im Vorjahr nicht knacken.

Insgesamt 724 000 Fans strömten damals in die Hallen – gleichfalls WM-Rekord. «Jeder Titelgewinn hat eine enorme Bedeutung in dem Moment, wo man ihn erringt. Aber 2007 war schon etwas Besonderes, weil im Laufe der zweieinhalb Wochen eine Entwicklung stattfand, die man auch wahrgenommen hat», beschreibt Brand die damalige Euphorie im Land.

Rückblende: Es begann stürmisch. Orkan «Kyrill» fegte über Deutschland hinweg, als die DHB-Auswahl mit einem 27:22 gegen Brasilien eher mau ins Turnier startete. Nach einem weiteren Pflichtsieg gegen Argentinien unterlag die Brand-Truppe gegen Polen mit 25:27 und zog nur als Zweiter in die Hauptrunde ein.

«Die Vorrunde lief nicht so locker. Der Knackpunkt war das erste Hauptrundenspiel gegen Slowenien in Halle. Da hat die Mannschaft die Verkrampftheit abgelegt und zu einer Lockerheit gefunden, die im weiteren Turnierverlauf zu sehen war», erzählt Brand. Die Gruppe wurde nach drei weiteren Erfolgen, darunter ein souveränes 29:26 gegen Frankreich, als Zweiter abgeschlossen und im Viertelfinale Spanien bezwungen.

Im Halbfinale folgte das spannendste und emotionalste Spiel der deutschen Mannschaft bei der Heim-WM – wieder gegen Europameister Frankreich. Vor der Partie hatte Brand seine Truppe beim Videostudium auf den Gegner eingestimmt. «Jeder erwartete eine DVD mit Spielszenen. Doch ich zeigte ein Video von der Ehrung von Michael Kraus als Bravo-Boy aus dem Jahr 2000», berichtet Brand. «Alle haben herzhaft gelacht.»

Nach einem Krimi mit zweimaliger Verlängerung siegte die DHB-Auswahl mit 32:31. «Das war ein Höhepunkt der WM. Die Franzosen waren individuell sehr gut. Es war klar, dass wir sie nicht zweimal klar schlagen würden», sagt Brand.

Das Finale wurde für ihn und seine Schützlinge dann zum Triumphmarsch. Torwart Henning Fritz, Regisseur Markus Baur, Rückkehrer Christian Schwarzer und Linksaußen Torsten Jansen, der eine wohl einmalige Turnier-Trefferquote von 90 Prozent aufwies, waren die Korsettstangen des Gold-Teams.

Unvergessen bleibt die Siegerehrung, zu der alle Spieler mit einem angeklebten Brand-Schnauzer erschienen. «Diese Mannschaft hat ein enormer Zusammenhalt ausgezeichnet. Viele Spieler haben auf ihrem Topniveau agiert», lobt Brand die WM-Helden von damals.

In zwei Jahren, wenn Deutschland erneut WM-Gastgeber sein wird, hofft er auf eine ähnliche Euphorie wie 2007. «Die Hallen werden voll sein», prophezeit Brand. «Aber natürlich müssen die Spiele im Fernsehen zu sehen sein. Der normale Sportfan muss den Zugang zum Handball finden. Dann wird eine große Begeisterung herrschen – natürlich immer in der Erwartung, dass etwas Großes passiert.» Vielleicht hat er bis dahin auch seine Goldmedaille wiedergefunden.

Fotocredits: Franz-Peter Tschauner
(dpa)

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