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«Magischer» Federer siegt in Wimbledon

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London – Als Roger Federer nach dem achten Wimbledon-Triumph seine vier Kinder auf der Tribüne erblickte, schossen ihm doch noch die Tränen in die Augen.

Mit dem Handtuch tupfte er sich über das Gesicht, von der Spielerbox schauten die bald achtjährigen Zwillingsmädchen Myla und Charlene und die Jungs Leo und Lenny zu. «Sie haben keine Ahnung, was hier vor sich geht. Sie denken wahrscheinlich, das ist aber eine schöne Aussicht und ein schöner Spielplatz», sagte der 35 Jahre alte Schweizer über die Dreijährigen.

14 Jahre nach seiner Titelpremiere krönte sich Federer erneut zum Wimbledon-Champion und verewigte sich mit seinem achten Triumph auf dem Heiligen Rasen als alleiniger Rekordhalter endgültig in der Tennis-Geschichte. 6:3, 6:1, 6:4 gewann er am Sonntag das Endspiel gegen den von Blasen am Fuß gehandicapten Marin Cilic. «Marins Träume zerplatzten in Tränen», titelte in der kroatischen Heimat die Zeitung «Vecernji list».

Hatte Federer den Matchball nach nur 101 Minuten noch erstaunlich verhalten gefeiert und nur kurz die Arme in den Nachmittagshimmel gereckt, so fiel später doch die ganze Anspannung ab. «Es fühlt sich großartig an, wieder den Pokal in den Händen zu halten», sagte er mit der goldenen Trophäe in der Hand. «Es ist ein wunderbarer Moment für uns als Familie. Dieses Turnier so gespielt zu haben, ohne Satzverlust, ist magisch, es ist wirklich zu viel.»

Mit Titel Nummer acht überflügelte er William Renshaw und Pete Sampras, sicherte sich den 19. Titel bei einem Grand Slam und ist jetzt der älteste Wimbledon-Gewinner in der Historie des Profitennis.

Einen Tag nach der Wimbledon-Siegpremiere der Spanierin Garbiñe Muguruza durften in der Royal Box neben reichlich Tennis-Prominenz auch Prinz William und Herzogin Kate und die britische Premierministerin Theresa May die Federer-Show bestaunen.

Nur bis zum 2:2 im ersten Satz sahen sie ein ausgeglichenes Match. Federer wirkte zu Beginn leicht angespannt. Als er seinen ersten Spielball zum 1:1 hatte, unterlief ihm ein Doppelfehler. Den Punktgewinn zum 2:2 zelebrierte er mit einem lauten «Komm jetzt» und riss die Zuschauer wenig später mit einem spektakulären Ballwechsel mit Netzangriff erstmals von den Sitzen.

Im Gegensatz zum verregneten Vortag, als Muguruza unter dem geschlossenen Dach des Centre Courts die fünfmalige Wimbledonsiegerin Venus Williams aus den USA mit einem 7:5, 6:0 deklassierte, schob sich während des Herren-Finals immer mal wieder die Sonne durch die Wolken.

Zum 3:2 nahm Federer seinem 1,98 Meter großen Gegenüber den Aufschlag ab und sicherte sich nach 36 Minuten den ersten Satz. Zu Beginn des zweiten Durchgangs verdunkelte sich plötzlich die Stimmung bei Cilic. Er verlor sein Service zum 0:2 und musste sich beim Stand von 0:3 behandeln lassen. Der 28-Jährige vergrub sein Gesicht im Handtuch und kämpfte erfolglos gegen die Tränen an. «Du bist ein Held», sagte Federer später bei der Siegerehrung auf dem Centre Court.

Als die Zuschauer schon eine Aufgabe befürchteten, kam Cilic aber wieder auf den Platz zurück und versuchte sich zu wehren. Doch der US-Open-Sieger von 2014 war geschwächt und angeschlagen. Nur 25 Minuten dauerte Durchgang zwei. Wieder kam medizinisches Fachpersonal auf den Platz und verband mehrere Blasen am linken Fuß.

War Federer ohne Satzverlust durch seine 19. Wimbledon-Teilnahme gerauscht, musste Cilic im Viertelfinale gegen Gilles Muller fünf Sätze lang kämpfen und im Halbfinale gegen Sam Querrey vier. Ohne die Blessuren hätte er vielleicht Federer wie im Viertelfinale des vergangenen Jahres heftigere Gegenwehr leisten können.

2016 siegte Federer erst nach einem 0:2-Satzrückstand und der Abwehr dreier Matchbälle. Diesmal aber ließ Federer keinen Zweifel aufkommen, dass er diesen achten Titel so sehr wollte wie kaum einen anderen zuvor. Erst als zweiter Spieler nach dem großen Schweden Björn Borg 1976 gewann er ohne Satzverlust Wimbledon.

Nach seinem Coup bei den Australian Open und den Erfolgen in Indian Wells und Miami hatte Federer eine freiwillige zehnwöchige Auszeit genommen und auf die komplette Sandplatz-Saison mit den French Open als Höhepunkt verzichtet. Für Wimbledon wollte er unbedingt auf dem Zenit seines Könnens sein. Und das war er vom ersten Match an.

Von der Pause ließ sich Federer nicht beeinflussen oder irritieren. Er spielte einfach hochkonzentriert weiter. Im dritten Satz glückte ihm die Vorentscheidung mit einem Break zum 4:3. Er nutzte seinen zweiten Matchball, der erste Wimbledon-Titel seit 2012 und der achte nach 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2009 und 2012 war perfekt.

Fotocredits: Gareth Fuller,Adam Davy,Gareth Fuller,Adam Davy,Adam Davy
(dpa)

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