Leichtathletik

Geister-Meisterschaften als «Leuchtturm-Projekt»

Von

on

Frankfurt/Main – Auf die Plätze, fertig, los – und Abstand halten! Die deutschen Leichtathletik-Meisterschaften sollen am 8. und 9. August in Braunschweig nachgeholt werden: ohne Zuschauer, mit zur Hälfte besetzten Läufen und insgesamt beschränkter Starterzahl.

Trotz der Corona-bedingten Einschränkungen ist ein Neustart für den nationalen Verband und die Sportler wichtig. Man wolle zeigen, «dass es die Sportart noch gibt und sie mit viel Freude betrieben wird», sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing. Mit Blick auf die Athleten fügte er hinzu: «Ein Pferd nur im Stall zu halten, macht keinen Sinn.»

Es sieht gut aus, dass die ursprünglich für dieses Wochenende geplanten «Geister»-Titelkämpfe nun im August über die Bühne gehen können. Das Konzept dafür wurde vergangene Woche bei den zuständigen Stellen in Niedersachsen eingereicht. «In einem ersten Feedback haben wir positive Signale vom Innenministerium mit der klaren Empfehlung an das Sozialministerium, dem zu entsprechen, erhalten», berichtete DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska.

Nach Monaten der Wettkampf-Abstinenz und des reduzierten Trainings geht es auch um eine Standortbestimmung für die besten Athleten. «Wir sind ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Tokio», sagte Gonschinska. «Man kann die Vorbereitung darauf nur schwer gestalten ohne Wettkampf-spezifische Reize zu setzen.» Nur auf Grundlage von Fitness- und Athletik-Training habe man keine gute Ausgangslage für die Olympia-Saison 2020/21. «Es war eine der größten Herausforderungen der vergangenen Wochen, abgesehen von den Einschränkungen, nicht zu wissen, worauf trainiere ich eigentlich.»

Trotz vieler Handicaps in der Corona-Krise erwartet er in Braunschweig anspruchsvolle Leistungen. «Die Athleten, die die unklare Situation am besten gestaltet und gut improvisiert haben, werden sich gut präsentieren können», erklärte Gonschinska. Die Meisterschaften hätten aber nicht nur sportliche Bedeutung, sondern seien auch wichtige für die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit des DLV. «Deshalb hoffe ich, dass es ein Leuchtturm-Projekt wird.»

Es ist aber ein Projekt, bei dem nicht alle Disziplinen dabei sein können. Zugelassen sind im Lauf keine Staffel-Rennen und nur Wettbewerbe bis 800 Meter, wobei über die zwei Runden ebenfalls in Bahnen gelaufen wird. «Auf Basis der aktuellen Verordnung sind die Läufe ab 1500 Meter nicht im Programm integriert», sagte Gonschinska. Für diese Strecken werde an einer «innovativen Wettkampfperspektive mit virtuellen Duellen auf Laufbändern» gearbeitet.

Bei den technischen Disziplinen ist die Teilnehmerzahl auf jeweils zehn Starter begrenzt. Vor und während des Titelkampfes gelten die Abstands- und Hygieneregeln, womit auch die Nutzung allein des eigenen Sportgerätes wie im Diskus- oder Hammerwurf sowie im Stabhochsprung Pflicht ist. Normal ist das nicht. «Im Moment haben wir in der Gesellschaft gar nichts ganz normales», meinte Gonschinska und ist dennoch überzeugt: «Wir werden in Braunschweig, eine Genehmigung der Veranstaltung vorausgesetzt, gute Leistungen sehen.»

Mehr um Aufmerksamkeit als um Topergebnisse geht es dem Leipziger Kugelstoß-Team um Ex-Weltmeister David Storl an diesem Freitag. Bei dem Mini-Meeting ohne Zuschauer und bei «Training unter Wettkampfbedingungen». In die gleiche Kategorie fällt das Stabhochspringen mit Ex-Weltmeister Raphael Holzdeppe am 12. Juni im Düsseldorfer Autokino. Auch der SC Neubrandenburg hat Pläne für erste Wettkämpfe. Der DLV hat deshalb das Meisterschaftskonzept als Empfehlung an die Landesverbände und Clubs weitergegeben. «Es kann ein Signal setzen für Wettkämpfe in den Regionen», sagte Gonschinska.

Besonders wichtig aus ökonomischer Sicht ist die Diamond League mit ihren Prämien und Antrittsgeldern für die Athleten. Sie soll mit elf Ein-Tages-Meetings am 14. August in Monaco starten. Gewiss ist das nicht und für die Sportler eine schwierige, bedrohliche Lage. «Je mehr man darüber nachdenkt, desto stärker ist das auch mit Ängsten und Vorbehalten verbunden», sagte Gesa Krause, die WM-Dritte im Hindernislauf, im Interview mit dem «Leichtathletik»-Magazin.

Fotocredits: Hendrik Schmidt
(dpa)

(dpa)

Empfehlungen für dich