London – Nach seinem Sturz auf den Rasen gab Alexander Zverev schnell Entwarnung. Beim Training mit Kei Nishikori spielte der große deutsche Wimbledon-Hoffnungsträger gerade den letzten Ball, als er aufs Knie fiel und sich «ein bisschen weh» tat, wie er später dem TV-Sender Sky verriet.
Doch schon kurz nach der Übungseinheit im Aorangi Park auf der weitläufigen Anlage im Südwesten Londons stellte der vielversprechendste deutsche Tennisprofi seit der Ära Becker/Stich klar: «Das ist nichts Schlimmes. Für Dienstag werde ich auch schon wieder bereit sein.»
Auf die Nachfrage, ob man sich wirklich keine Sorgen machen müsse, antwortete Zverev: «Nein, ich werde definitiv spielen.» Es mag ein wenig unfair sein gegenüber den anderen acht deutschen Männern im Hauptfeld des dritten Grand-Slam-Turniers der Saison, aber Wohl und Wehe des deutschen Herren-Tennis hängen wieder einmal von dem 20 Jahre alten Schlaks aus Hamburg ab. Schafft es Zverev endlich bei einer der vier wichtigsten Veranstaltungen in die zweite Woche?
Zwar steht Zverev mittlerweile auf Platz zwölf der Weltrangliste und ist in Wimbledon an Nummer zehn gesetzt. Er triumphierte zuletzt in Rom als jüngster Gewinner eines Masters-Turniers seit Novak Djokovic 2007 und als erst vierter deutscher Masters-Sieger nach Michael Stich, Boris Becker und Tommy Haas. Er erreichte beim Rasenturnier in Halle/Westfalen das Endspiel, das er gegen Roger Federer verlor.
Doch bei einem Grand Slam kam Alexander Zverev noch nie über die dritte Runde hinaus. Bei den French Open war zuletzt sogar nach dem Auftaktmatch gegen den Spanier Fernando Verdasco Schluss.
In den Masterplan des 1,98 Meter großen Athleten würde eine Achtelfinal-Premiere gerade in Wimbledon daher nur allzu perfekt passen. Zverev, seine Familie und Manager Patricio Apey verfolgen eine absolut stringente bis zuweilen egoistische Karriere-Idee.
Dass Alexander Zverev trotz einer angeblichen Zusage Ende des Monats auf einen Start beim Hamburger Rothenbaumturnier verzichtet und stattdessen in den USA auf Hartplatz spielt, mag Turnierdirektor Michael Stich verärgern, ist aber aus Spielersicht nachvollziehbar.
Als Ziel für dieses Jahr hat er forsch die ATP-Tour-Finals der besten acht Profis der Saison im November in London ausgegeben. Da könnten einige Ranking-Punkte aus Wimbledon helfen – und auch die nicht gerade furchteinflößende Auslosung. Zum Auftakt am Dienstag trifft Zverev auf den Russen Jewgeni Donskoi. Potenzieller Drittrunden-Gegner wäre der Amerikaner Jack Sock, in der Runde der besten 16 könnte Vorjahresfinalist Milos Raonic aus Kanada warten.
Doch erst einmal muss das Knie halten und die erste Runde überstanden werden. Am Tag nach dem Missgeschick jedenfalls schlenderte Zverev schon wieder bestens gelaunt über die Anlage des All England Lawn Tennis and Croquet Clubs, ließ sich für Selfies fotografieren – und bog dann plötzlich nach links ab. In Richtung Center Court.
Fotocredits: Peter Klaunzer
(dpa)