Darmstadt – Der 30. September 1992 war ein schrecklicher Abend für den 1. FC Köln. Damals spielte Bodo Illgner noch im Tor und Pierre Littbarski im offensiven Mittelfeld, aber trotzdem verlor der Club mit 0:3 bei Celtic Glasgow und schied dadurch bereits in der ersten Runde des UEFA-Cups aus.
Seitdem wartet man beim FC auf die Rückkehr in den Europokal, und der 6:1 (3:0)-Sieg am Samstag bei Darmstadt 98 hat nur noch einmal unterstrichen: So nah wie in dieser Saison waren die Kölner diesem Comeback seit 24 Jahren nicht mehr.
«Das war ein unheimlich starker Gegner», lobte «Lilien»-Kapitän Aytac Sulu hinterher. «Wenn man die so sieht: Die können schon den Anspruch haben, am Ende dieser Saison wieder international zu spielen. Und wenn die so weitermachen, dann schaffen die das auch.»
Das 6:1 in Darmstadt war für die «Geißböcke» der höchste Auswärtssieg in der Fußball-Bundesliga seit 1965. Damals hieß es 6:0 bei Tasmania Berlin. Der Tabellensiebte hat nun wieder einen Vorsprung von fünf und sogar acht Punkten auf deutlich prominenter besetzte Konkurrenten wie Bayer Leverkusen und den FC Schalke 04, deren Aufholjagd man während der Winterpause noch so befürchtete.
Zu den großen Verdiensten von Trainer Peter Stöger und Sportchef Jörg Schmadtke zählt aber auch, dass in diesem früher so chronisch unruhigen Verein fast niemand von der Europa League redet. Das übernehmen – siehe Sulu – dafür die Gegner. Schon der Mainzer Trainer Martin Schmidt hatte eine Woche zuvor gesagt: «Köln hat mit die beste Defensive der Liga. Dieser Code ist nur schwer zu knacken.»
Stöger selbst kommentierte die Aussichten seines Teams gewohnt nüchtern. «Ich kenne meine Mannschaft. Wir können das realistisch einschätzen», sagte er. «Wenn wir richtig gut spielen, können wir noch viele Spiele gewinnen. Selbst wenn wir nur ordentlich spielen, sind wir noch schwer zu schlagen. Und wenn wir fehlerhaft spielen, dann wird es in jedem Spiel sehr schwer. Die Frage ist jetzt: Wie viele richtig gute Spiele schaffen wir noch in der Rückrunde? Wie lange können wir uns da oben festbeißen?»
Für den FC spricht: Die exzellente Organisation, die große Stabilität. Auf einem Niveau, auf dem zwischen zwei Mannschaften oftmas nur Details entscheiden, ist das schon viel Wert.
Trotz der sechs Tore in Darmstadt muss sich aber erst noch zeigen, ob die Offensive auf Dauer stark genug ist für den Sprung unter die ersten Sechs. Mehr als die Hälfte der Kölner Saisontore (14) geht auf das Konto von Anthony Modeste – und ausgerechnet dem vermeintlich wichtigsten Spieler droht nun eine nachträgliche Sperre.
In der 38. Minute traf der Franzose seinen Gegenspieler Sulu bei einem Laufduell mit der Faust im Gesicht. Weil der Schiedsrichter das nicht gesehen hatte, schaltete sich der Deutsche Fußball-Bund ein. «Der DFB-Kontrollausschuss wird Anfang der Woche prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren gegen den Spieler Modeste eingeleitet wird oder nicht», sagte dessen Vorsitzender Anton Nachreiner am Sonntag.
Wenigstens war das Spiel in Darmstadt schon einmal ein erster Schritt, um im Angriff etwas von der Abhängigkeit von Modeste zu verlieren. Der überragende Mann war diesmal Yuya Osako, der in der 37. und 72. Minute selbst traf, beim 0:1 (32.) direkt hinter dem Eigentorschützen Sulu lauerte und das 6:1 (89.) durch Artjoms Rudnevs vorbereitete. Modeste traf kurz nach seinem Faustschlag auch noch (42.), der eingewechselte Milos Jojic (85.) ebenso. «Viel Bewegung in der Offensive» hatte Stöger zu seiner Freude am Samstag ausgemacht. Und was sagte er zu Osako? «Nur ein Wort: gut!»
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(dpa)