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Ist die Fußballwelt bereit für Outings?

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Nicht nur die fußballinteressierte Fachöffentlichkeit diskutiert seit einigen Tagen ein Interview mit einem Profispieler, welches das Jugendmagazin Fluter veröffentlicht hat. Dieser bekannte sich dort zu seiner Homosexualität und bestand aus Angst vor Anfeindungen auf Anonymität.
anonyme Person

Schwule Fußballer: das dauernde Verstecken

Im Profifußball muss es Dutzende Spieler geben, welche homosexuell sind. Das besagt allein die Vernunft: In allen gesellschaftlichen Bereichen gibt es homosexuelle Menschen, im Sport wird dies nicht anders sein. Nur bekennt sich niemand öffentlich dazu, im Gegensatz beispielsweise zum Showgeschäft oder der Politik. Die betroffenen Spieler fürchten sich vor Schmähgesängen der Fans und Beschimpfungen auf dem Platz. Im anonym geführten Interview mit dem Fluter macht dies ein offenbar bekannter Fußballer deutlich. Schon die Art des Gesprächs zeigt, wie groß die Sorgen sind. Er bestand nicht nur auf Anonymität, sondern war sogar bis kurz vor Beginn unschlüssig, ob er dem Interview überhaupt zustimmen will. Eindrucksvoll schildert er, wie er als schwuler Fußballer seine Sexualität unterdrückt. Das geht so weit, dass Freundinnen vorgetäuscht werden. Der Interviewte bestätigt, dass es zahlreiche Fälle versteckter Homosexualität in den deutschen Ligen gibt. Diese Worte haben eine breite Diskussion über die Frage entfacht, ob Outings möglich sind oder ob die Spieler dann tatsächlich einem unerträglichen Mobbing ausgesetzt wären. Darüber hinaus zweifelten einige Journalisten aber auch die Echtheit des Gesprächs an. Diese Zweifel sind mittlerweile aber ausgeräumt. Der ehemalige Fußballer Marcus Urban, der sich nach seiner Karriere geoutet hat, ist in Kontakt mit diesem Spieler und bestätigt das Interview.

Homophobie in den Fankurven: ein großes Problem

Vor allem die möglichen Reaktionen gegnerischer Fans lassen homosexuelle Fußballer vor einem Outing zurückschrecken. Diese Sorge scheint nicht unbegründet, da es immer wieder zu homophoben Ausfällen in Stadien kommt. Da beleidigen Tausende Anhänger Spieler als „Schwule“, da halten Gruppierungen Transparente hoch, auf denen die Gegner als „Homos“ beschimpft werden. Angesichts dieser Ereignisse kann jeder nachvollziehen, wenn ein schwuler Fußballer das Schlimmste befürchtet. Vorwürfe müssen sich aber nicht nur homophobe Fans gefallen lassen, sondern auch der DFB und die DFL: Offiziell bekennen sie sich zwar grundsätzlich zur Toleranz im Sport, aber in puncto Homophobie lassen sie kaum konkrete Stellungnahmen verlauten oder Aktionen durchführen. Dabei zeigt das Beispiel Rassismus, wie wichtig ein solches Engagement ist. Anfang der 1990ern waren Nazis noch in fast allen Fanszenen dominierend, dieses Bild hat sich gründlich zum Positiven gewandelt.

Outen sich bald die ersten Profis?

In der Folge des Interviews fragen sich nun viele Menschen, ob sich trotz der angesprochenen Rahmenbedingungen bald ein Profi outet. Erst dann kann man wirklich sehen, wie Fans darauf reagieren. Neben Anfeindungen kann es auch zu Solidarisierungen kommen. Outen sich gar mehr Spieler, ist es vielleicht bald Normalität. Auch in der Politik waren Outings lange unvorstellbar, der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit spielte die Vorreiterrolle. Seitdem gibt es kaum noch Aufregung über schwule Politiker.

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