Leichtathletik

Im Sand von Borkum beendet Betty Heidler ihre Karriere

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Borkum – Betty Heidler setzt ihre letzten sechs Versuche in den Sand. Nicht in ihrer Heimatstadt Berlin, sondern auf der Nordseeinsel Borkum wird die beste deutsche Hammerwerferin des vergangenen Jahrzehnts am Samstag ihre erfolgreiche Karriere beenden.

Am ostfriesischen Strand haben der TuS Borkum und Mit-Organisator René Sack eine Wurfanlage aufgebaut, sogar Plakate wurden auf der Insel geklebt, auch die regionale Presse hat etwas Werbung gemacht. Den Holzring chauffierte Sack aus Kienbaum heran, ein Netzkäfig wurde in Bremen gepumpt. Den Zeitplan bestimmen Ebbe und Flut.

Für Heidler wird der Abschied sicher nicht leicht – aber die Entscheidung ist endgültig. Nach mehr als 15 Jahren Leistungssport mit Lust und Frust sind Kopf und Körper nicht mehr so frisch.

«Ich hatte gerade erst am Wochenende ein Foto von der U20-WM 1999 oder 2000 in Chile in der Hand. Christina Obergföll mit mir. Das ist Ewigkeiten her», sagte die früherer Weltmeisterin und Weltrekordlerin der Deutschen Presse-Agentur. «Da merkt man erst mal, dass man schon ein Dreiviertel seines Lebens für den Leistungssport gelebt hat.»

In London erkämpfte sie 2012 Olympia-Bronze, in Rio wurde sie Vierte. Und das mit 32. Schon am Sonntag beginnt Heidlers zweites Leben – mit einem Kurzurlaub auf der größten ostfriesischen Insel. «Ich muss mich nun neu orientieren», erzählt die Athletin von der LG Eintracht Frankfurt, die in ihrer Heimatstadt lebt und trainiert. «Es kommt jetzt darauf an, Motivation und Ehrgeiz in etwas Neues zu investieren.»

Die Powerfrau hatte immer einen Plan, vor der Zukunft ist ihr nicht bange. In ein tiefes dunkles Loch, versichert sie lachend, wird sie nicht fallen. Reich werden konnte sie mit der Leichtathletik in all den Jahren nicht, aber sie hat gespart. «Ich muss jetzt nicht jeden Cent umdrehen. Mein Mann ist auch bei der Bundespolizei», erzählt die Weltmeisterin von 2007. «Wir werden nicht am Hungertuch nagen.»

Von den Gagen der Supersprinter oder eines Profifußballers kann Heidler nur träumen. Dabei trainiert sie härter und länger. Nur: Wer will schon Hammerwerfen der Frauen sehen? «Das ist ja so mit die letzte Disziplin», klagt sie. «Inzwischen gibt es die Hammer Challenge, aber wir bekommen da als Prämien deutlich weniger als die Kollegen in der Diamond League: 10 000 Euro weniger für den Jackpot als Gesamtsiegerin, und 8000 Dollar weniger für einen Einzelsieg.»

Die Polizeihauptmeisterin der Bundespolizei hat 2008 ein Jura-Studium aufgenommen, 400 Euro gab’s bisher von der Sporthilfe. «Wichtig finde ich, dass ich meinen Beruf habe und abgesichert bin», betont sie. «Dass ich mich damals, 2003, für die Bundespolizei entschieden habe, war ein Glücksfall. Da bin ich dankbar und froh. Das war die beste Entscheidung meines Lebens», sagt sie. «Aber mein Leben wird weitergehen – wie für tausende andere Menschen in Deutschland auch.»

Fotocredits: Michael Kappeler
(dpa)

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