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Deutsches Doppel im Finale: «Was Historisches schaffen»

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Paris – Wenige Stunden nachdem sich Alexander Zverev als letzter deutscher Tennisprofi im Einzel verärgert und wortkarg verabschiedet hatte, feierten Kevin Krawietz und Andreas Mies mit dem Einzug ins Doppel-Finale der French Open den größten Erfolg ihrer noch jungen gemeinsamen Karriere.

Kaum hatte das Überraschungs-Duo den Platz verlassen, mussten sie schon ihre Kreditkarte zücken: «Ich habe gerade schon eine Rechnung bekommen von meiner Familie über mehr als hundert Euro, die haben sich alle erst einmal Wein bestellt. Ich kam vom Platz und hab ihnen einfach meine Kreditkarte gereicht», erzählte der 28 Jahre alte Kölner Mies nach einem weiteren Sandplatz-Coup bei dem Grand-Slam-Turnier in Paris, der ihnen schon ein gemeinsames Preisgeld von 290.000 Euro beschert.

Sehr viel Geld für Tennisspieler, die lange nur auf zweit- oder drittklassigen Turnieren spielten und für einen Titel 180 Euro oder 1100 Euro kassierten. Seit anderthalb Jahren erst spielen der 27 Jahre alte Coburger Krawietz und Mies regelmäßig zusammen. Sie gewannen sechs Titel bei ITF- oder Challenger-Turnieren und zuletzt Anfang dieses Jahres erstmals in New York auf der ATP-Tour.

2018 meldeten sie in Wimbledon zum ersten Mal zusammen bei einem der vier großen Turniere für die Qualifikation. Sie erreichten die Hauptrunde und kamen prompt ins Achtelfinale. Und nun stehen sie als erstes deutsches Doppel seit 1993 im Endspiel der French Open. «Jetzt wollen wir was Historisches schaffen», sagte Mies vor dem Finale gegen die Franzosen Jeremy Chardy und Fabrice Martin. Dass die letzten deutschen Doppel-Sieger bei einem Grand Slam Gottfried von Cramm und Henner Henkel 1937 waren, wussten sie nur so grob.

Nun könnten sich Krawietz und Mies einreihen in die Historie der deutschen Doppel, die zumindest bei Olympia für Furore sorgten. Boris Becker und Michael Stich holten 1992 in Barcelona Gold, Rainer Schüttler und Nicolas Kiefer gewannen 2004 in Athen Silber. Letzter Deutscher im Doppel-Finale eines Grand Slams war Philipp Petzschner, der 2011 mit dem Österreicher Jürgen Melzer die US Open gewann. Becker stellte in seiner Funktion als Abteilungsleiter des Deutschen Tennis Bundes schon mal eine Einladung zum Davis Cup in Aussicht.

«Das ist natürlich ein absoluter Traum von uns», sagte Krawietz. Über eine halbe Stunde plauderte das rheinisch-fränkische Duo am Donnerstagabend im Untergeschoss des umfunktionierten Roland-Garros-Museums. Die junge Dame vom Tennis-Weltverband ITF schaute immer mal wieder in den kleinen Interviewraum 2, um sich zu vergewissern, dass alles in geordneten Bahnen abläuft. Besuch im Eurosport-Studio, Pressekonferenz, Interview mit dem ARD-Hörfunk – noch nie standen die beiden jungen Männer derart im Fokus.

Doch ganz offensichtlich harmonieren Mies und Krawietz nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb blendend. Eloquent und humorvoll spielten sie sich verbal die Bälle zu und sorgten nicht nur mit der Aussage, sie hätten sich bei Tinder kennengelernt, für Gelächter. «Durch unseren Teamgeist heben wir uns auf ein höheres Niveau», formulierte es Mies. Krawietz ist der etwas ruhigere und besonnenere Part der Beiden, Mies der Wortführer und Einpeitscher auf dem Platz.

Der Kölner hat sich nach seinem International-Business-Studium in den USA mittlerweile mehr oder weniger komplett auf seine Doppel-Karriere konzentriert. Krawietz versuchte es bei den French Open noch in der Qualifikation im Einzel, scheiterte aber in der zweiten Runde.

Eltern, Freundin, Schwester, Coach, Nichte, Schwager – alle sind sie nach Paris gereist, um das neue deutsche Doppel-Versprechen zu unterstützen. Mies musste sogar das Appartement wechseln und in ein kleines Haus ziehen – weil der Anhang immer größer wurde und er gar nicht für die komplette Zeit bis zum Final-Wochenende gebucht hatte.

Fotocredits: Frank Molter
(dpa)

(dpa)

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